Interview mit Marcus Johanus "Ein Buch schreiben - aber wie?" Teil 2




Hallöchen liebe Leser/innen, ♥

wie der ein oder andere von euch durch die Vorankündigung vielleicht schon erfahren hat, planen Tanja und ich am folgenden Samstag um 14:00 Uhr einen ganz besonderen Bloggerbrunch. Gemeinsam mit euch wollen wir in vier bis fünf Fragen über das Thema „Ein Buch schreiben – aber wie“ sprechen. Im Vorfeld haben wir euch gebeten uns eure Fragen zu schicken, damit wir sie an den Autor und Podcaster Marcus Johanus zusenden können.

Gemeinsam mit der Bloggerin Kati haben wir nun einen Fragenkatalog zusammengestellt. Marcus hat sich an die Tastatur gesetzt und uns ausführlich geantwortet. Tanja und ich sind froh euch nun seine Antworten in einem Interview präsentieren zu können.

Unser herzlicher Dank geht an Marcus, dass er sich trotz strammen Terminplan die Zeit genommen hat, um an unserer Aktion teilzunehmen.

Aufgrund der Länge des Interviews haben wir beschlossen den Artikel in zwei Teile aufzugliedern. Heute geht es weiter mit dem zweiten Teil unseres Interviews zum Thema „Ein Buch schreiben – aber wie?“.

Wir wünschen euch viel Spaß mit dem nun folgenden Artikel. =)



Tanjas Fragen:

Wie viel Wert misst du dem ersten Satz in einem Buch bei? Meinst du er ist für den ersten Eindruck ausschlaggebend? Worauf sollte man beim ersten Satz achten?

Ja, ich denke der erste Satz ist wirklich entscheidend. Wie sollte es auch anders sein? Es mag Autoren geben, die ihren Leserinnen Geduld abverlangen dürfen. Ich habe durchaus schon Bücher gelesen, die erst nach den ersten 50-100 Seiten spannend wurden. Das würde ich aber keiner Erstautorin empfehlen und ich selbst würde es einfach nicht machen.

Der erste Satz sollte meiner Meinung nach mehrere Funktionen erfüllen: Er sollte in allererster Linie neugierig machen, aber auch den Ton und das Genre des Romans vorstellen. Idealerweise wirft er eine Frage auf, die im Kapitel und/oder am Ende des Romans beantwortet wird.

Ein guter erster Satz ist wie ein Versprechen, eine Art Vertrag zwischen Autorin und Leserin: Schau her, dieses ist mein Buch, ich verspreche dir dieses oder jenes Leseerlebnis. Du wirst am Ende damit belohnt, ein spannendes und für dich interessantes Buch gelesen zu haben. Dafür kaufst du halt mein Buch.


Kennst du das Problem Schreibblockade? Wie gehst du dagegen an?

Jein. Die klassische Schreibblockade, dass ich vor dem blanken Monitor sitze und nicht weiß, was ich als nächstes schreiben soll, kenne ich nicht. Ich weiß aber auch gar nicht, ob die in dieser Form überhaupt jemand hat. Meiner Meinung nach gehört sie zu den großen Mythen des Autorendaseins.

Es ist schon so, dass ich Phasen habe, in denen ich weniger produktiv bin. Das liegt dann aber meistens nicht daran, dass ich mit dem Schreiben selbst Probleme habe oder dass mir nichts einfällt. Ich bin dann eher durch andere Dinge blockiert. Ereignisse oder Aufgaben aus dem restlichen Leben, zum Beispiel.

Dagegen anzugehen ist im Prinzip die Hauptaufgabe jeder Autorin, die keine Vollzeitautorin ist. Es ist schwierig, in einem turbulenten Leben mit Job, Familie und anderen Verpflichtungen, die Gelegenheit zum Schreiben jeden Tag zu finden. Dabei ist Zeit nicht unbedingt immer das größte Problem. Jedenfalls nicht bei mir, obwohl es an ihr auch häufig mangelt. Die noch größere Schwierigkeit ist, immer in den Workflow zu finden.

Ich habe da Tools und Techniken, die manchmal helfen. Manchmal aber auch nicht. Am Ende ist es meiner Meinung nach am wichtigsten, nicht alleine zu sein, sondern Menschen zu haben – andere Autorinnen, gute Freunde -, die mir immer wieder dabei helfen, in den Arbeitsfluss zu kommen, meine Prioritäten richtig zu setzen.

Es ist eine der größten und gefährlichsten Illusionen, dass man als Autorin immer ein Einsiedlerdasein führen muss.


Was tust du, um dich als Autor weiterzuentwickeln? Hast du Tipps für werdende Autoren, wie sie an sich arbeiten können?

David Bowie soll einmal gesagt haben, dass es für Künstlerinnen wichtig ist, sich immer stets ein kleines Stück aus der Komfortzone zu bewegen. Wenn ich mir Bowies Werk so anhöre, stelle ich für mich fest, immer dann, wenn er entweder in seiner Komfortzone geblieben ist oder sich zu weit aus ihr hinausbewegt hat, gefallen mir die Platten nicht.

Ich denke also, dass diese Bemerkung stimmt und sehr wichtig ist. Ich versuche deswegen mich mit jedem Projekt ein kleines Stück aus meiner Komfortzone hinaus zu bewegen, aber halt auch nicht zu weit. Ob das dann am Ende wirklich gelingt, kann ich natürlich alleine nicht beantworten.

Wobei ich denke, dass man als Erstautorin – was z.B. Genre, Thema, Stil usw. angeht – durchaus in seiner Komfortzone bleiben darf und auch sollte. Allein das Projekt, einen Roman zu schreiben, ist schon so ein großes Vorhaben, dass ich darauf achten würde, mich nicht zu überfordern.


Wie organisierst du dich als Autor für die Buchmesse? Legst du einen Terminplan fest? Welche Veranstaltungen würdest du Autoren unbedingt empfehlen wollen? Hast du andere Tipps und Tricks, wie ein Messtag einem Autoren in seiner Entwicklung weiterhelfen kann?

Für diese Frage bin ich nicht unbedingt der kompetenteste Ansprechpartner. Ich organisiere meine Messebesuche bisher relativ wenig. Als ich mit Axel Hollmmann zusammen als Die SchreibDilettanten unterwegs war und viele Interviews geführt habe, da waren wir natürlich ziemlich organisiert.

Da ich es aber leider immer nur schaffe, einen Tag auf den Buchmessen zu sein, versuche ich einfach so viel wie möglich in dieser Zeit zu schaffen und offen für Begegnungen und Gespräche zu bleiben. Vieles ergibt sich spontan. Vieles verpasse ich aber auf diese Weise natürlich auch. Da muss ich noch dran arbeiten.


Ich habe schon oft den Satz von Gesprächspartnern gehört: Schreiben ist nichts für mich. Ich kann das einfach nicht. Mir fehlt die Fantasie für so was. Wie denkst du über diese Aussage?

Niemand muss schreiben. Schreiben ist eine anstrengende und fordernde Tätigkeit, die viel bringt, einem aber auch viel abverlangt.

Andererseits steckt hinter dieser Aussage natürlich wiederum die Überzeugung, man brauche ein bestimmtes Talent, eine angeborene Gabe, um schreiben zu können. Das ist natürlich Quatsch.

Diese »Talent vs. Handwerk«-Debatte lauert ja überall und alle Seiten haben gute Argumente. Immer wieder wird dann gesagt: »Aber ein gewisses Talent gehört dazu, sonst wird das nix.« Mag sein. Ich halte das aber für eine gefährliche Einstellung. Für mich ist der wichtigste Frage: Möchte ich wirklich gerne schreiben oder nicht?

Zu dem echten Willen zum Schreiben gehört dann halt für mich auch die Bereitschaft dazu, Kritik einstecken zu können und hart an sich zu arbeiten. Das setzt auch ein gesundes Maß an Selbsterkenntnis voraus, die Fähigkeit, seine eigenen Stärken und Schwächen recht gut einschätzen zu können.

Das sind alles viel, viel wichtigere Eigenschaften als Fantasie.


Lenis Fragen:

Ergibt es Sinn, sich einen Plan fürs Buchschreiben zu erstellen? Welche Schritte würdest du planen?
(Zum Beispiel sollte man sich einen Schreibplan erstellen, indem man sich gewisse Zeichenanzahlen als Ziel setzt oder ergibt ein Handlungsplan Sinn?)

Oh je. Das ist wohl in Autorinnenkreisen die am heftigsten diskutierte Frage, die es gibt, fürchte ich. Ich würde sagen: Keinen Plan zu haben, keine quantitativen Ziele zu besitzen, ist ein Zeichen von mangelnder Professionalität. Und dann gibt es aber solche Leute wie Stephen King, die beides nicht tun und sehr erfolgreich sind.

Oft höre ich, dass Menschen sich in ihrer Kreativität eingeengt fühlen, wenn sie Planen und sich quantitative Ziele setzen. Ich kann das zumindest von mir nicht bestätigen. Ich kriege nichts hin, wenn ich nicht vorher einen guten Plan habe und mir ganz bewusst selbst Deadlines setze, bis wann ich womit fertig sein will.


Wie beurteilst du das „einfach drauf losschreiben“-Verfahren?

Funktioniert für mich nicht. Ich habe es wirklich fast zwei Jahrzehnte lang probiert und damit meine Zeit verschwendet.


Wie findet man den geeigneten Schreibstil für das eigene Buch?

Wie alles andere auch, würde ich sagen: Ich überlege mir, welchen Roman ich schreiben will. Welche Wirkung will ich erzielen? Was brauche ich dafür?

Es ist ein bisschen wie im Film: Welche Atmosphäre soll eine Szene haben? Was brauche ich an Maske, Beleuchtung, Musik und SFX? Was müssen die Schauspielerinnen dafür tun etc.

Am Ende muss man im Detail viel experimentieren. Das ist einer der Gründe, wieso ich viele Entwürfe für ein Projekt benötige.


Weshalb eignet es sich vielleicht, ein Buch aus der Perspektive des Protagonisten/der Protagonistin zu schreiben?

Die Frage verstehe ich nicht so ganz. Die meisten Romane werden ja aus der Perspektive der Hauptfigur erzählt. Vielleicht meint ihr, weshalb es wichtig sein kann, die Ich-Perspektive zu verwenden?

Das ist eine ziemlich komplexe Entscheidung. Mit der Ich-Perspektive gewinne ich eine viel tiefere Einsicht in die Gefühls und Gedankenwelt der Hauptfigur. Der Text wird eindringlicher und dichter. Gleichzeitig gebe ich die Möglichkeit auf, die Handlung aus der Perspektive anderer Figuren zu zeigen. Das kann schlecht sein, weil viele Leserinnen – und meiner Erfahrung nach vor allem auch Lektorinnen und Agentinnen – es schätzen, die Perspektive des Schurken zu erleben.

Es gibt auch durchaus Leserinnen, die es aus Prinzip ablehnen, Romane in der Ich-Perspektive zu lesen. Ich persönlich mag die Ich-Perspektive gerne. Aber man muss sich darüber im Klaren sein, was man tut.


Welche Tipps und Tricks kannst du den neu startenden Autoren geben?
Was sind absolutes No-Gos beim Buchschreiben, beziehungsweise was sollte man beim Schreiben eher vermeiden?

Schwierige Frage, denn darüber gibt es ja ganze Bücher. Und das aus gutem Grund.

Der wichtigste Tipp, den ich gerne gehabt hätte, war wirklich der, einen Plan zu haben und sich quantitative Ziele zu setzen. Das geht erst einmal vollkommen gegen die eigene Intuition als beginnende Autorin. Aber in dem Moment, in dem ich den Sinn beider Punkte verstanden hatte, hatte ich es geschafft, Projekte erfolgreich zu beenden.

Ich würde in jedem Fall versuchen zu vermeiden, in die Inspirationsfalle zu tappen. Also, nur zu schreiben, wenn ich auch inspiriert bin. Musiker üben auch jeden Tag ihre Tonleitern, wenn sie ein Instrument beherrschen wollen. Autorinnen müssen täglich schreiben, wenn sie etwas erreichen wollen. So sehe ich das jedenfalls.




Wir danken Marcus Johanus an dieser Stelle herzlich für die Teilnahme an unserer Aktion und die ausführlichen Antworten zum Interview.

An unsere Leser:
Wenn ihr mehr über Marcus Johanus und seinen Büchern erfahren wollt, dann besucht doch einmal seinen informativen Blog oder den unterhaltsamen Podcast. Auf beiden Seiten erfahren geneigte Leser wertvolle Informationen zum Thema „Schreiben“.

Marcus Johanus Blog
Der Podcast „Die Schreibdilettanten“

Hat unser Interview euer Interesse geweckt? Dann schaut doch morgen zum Bloggerbrunch vorbei. Wir würden uns sehr freuen gemeinsam mit euch ein wenig über das Thema „Buch schreiben“ diskutieren zu dürfen.

Ganz liebe Grüße senden euch
eure
Tanja & Leni


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